Anfang Juni 2024 trafen sich Mitglieder der Community of Practice on Social Innovation aus 22 EU-Mitgliedsstaaten in Paris, um von den Erfahrungen und Ansätzen zur Skalierung sozialer Innovationen in Frankreich zu lernen und sich auszutauschen. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Europäischen Kompetenzzentrum für Soziale Innovation, und zusammen mit der ESF+ Verwaltungsbehörde in Österreich reisten wir vom Kompetenzzentrum nach Paris.
Über 50 Teilnehmenden, darunter Vertreter:innen von ESF+-Verwaltungsbehörden, nationalen Kompetenzzentren für Soziale Innovation und Mitglieder der Europäischen Kommission, nahmen teil und nutzten die Gelegenheit, sich darüber auszutauschen, wie gute Projektideen nachhaltig gefördert und skaliert werden können.
Das französische Ökosystem Sozialer Innovation
Der erste Tag bot eine umfassende Einführung in das Thema Skalierung und das französische Ökosystem sozialer Innovation. Nach einer Vorstellung des französischen ESF+-Programms und dessen Schwerpunkten für die Förderperiode 2021-2027 wurden verschiedene Skalierungsstrategien sowie deren Erfolgsfaktoren und Fallstricke präsentiert.
Ein World Café ermöglichte es den Teilnehmenden, sich mit Vertreter:innen verschiedener französischer Organisationen zu vernetzen und über finanzielle und nicht-finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten auszutauschen. Best Practices und Herausforderungen bei der Skalierung Sozialer Innovationen wurden intensiv diskutiert. Besonders beeindruckend war zu sehen, wie die Unterstützung Sozialer Innovation in Frankreich auf unterschiedlichen Ebenen und Bereichen funktioniert und erfolgreich sowohl ESF+- als auch nicht-ESF+-Bereiche miteinander verknüpft.
Drei Case Studies erfolgreicher Skalierung
Ein besonderes Highlight am Nachmittag war die Besichtigung dreier herausragender sozialer Innovationsprojekte, die mit Unterstützung des ESF+ und des nationalen Kompetenzzentrums in Frankreich skaliert wurden:
- Label Emmaüs entwickelten eine Logistik- und E-Commerce-Plattform für Arbeitsintegration und Wiederverwendung von Büchern und anderen Produkten. Jetzt wird sie von Paris aus in andere Regionen und Sektoren transferiert.
- La Cravate Solidaire skalierte das Beratungsangebot von HR-Spezialist:innen für Arbeitssuchende. Workshops helfen diesen nun bei der Vorbereitung auf online Vorstellungsgespräche für Remote-Jobs.
- ENVIE Autonomie schließlich entwickelte einen nationalen Kreislaufwirtschaftssektor für medizinische Geräte.
Unsere Takeawys: so gelingt Skalierung!
Die drei erfolgreich skalierten Projekte zeigen anschaulich, was es zur erfolgreichen Skalierung braucht. Hier einige Learnings:
- Der Prozess der Skalierung braucht professionelle Beratung und Unterstützung. Hier können Kompetenzzentren eine entscheidende Rolle spielen. So beispielsweise bei der realistischen Einschätzung von finanziellen und personellen Ressourcen, die für Skalierungsprozesse benötigt werden.
- Der Transfer von Projekten in neue geographische Kontexte verlangt Kenntnis über lokale Gegebenheiten. Besondere Herausforderungen oder Chancen im neuen Umfeld zu erkennen und die Innovation an diese anzupassen ist zentral.
- Erfolgreiche Skalierungsstrategien sollten definieren, welcher Aspekt eines Projekts genau skaliert werden soll. Im Fall von Envie Autonomie war die Innovation der genaue Prozess von der Abholung des Equipments, das Reparieren und Ausbessern bis hin zum Verkauf. Dieser Prozess wurde dann in einer Skalierungsstrategie festgehalten und an weiteren Standorten in Frankreich implementiert.
- Skalierung durch die Politik? Ein neues Gesetz ermöglicht es demnächst, dass auch „recyceltes“ medizinisches Equipment aus zweiter Hand von den Krankenkassen übernommen werden kann. Damit wird der bisher stark von Subventionen abhängige Kreislauf von Envie Autonomie nachhaltig gesichert.
Austausch unter den Mitgliedsstaaten
Der zweite Tag war dem Austausch zwischen den Mitgliedstaaten gewidmet, um vom französischen Modell zu lernen. Eine Podiumsdiskussion bot Feedback zum französischen Ansatz sowie Einblicke aus drei anderen Mitgliedstaaten, darunter Österreich, und der Europäischen Kommission.
Abschließend fanden Workshops statt, um die größten Hindernisse und Erfolgsfaktoren sowie mögliche Verbesserungsmaßnahmen zu identifizieren. Es wurde deutlich, dass die richtigen Partner:innen, die Einbindung lokaler Gemeinschaften und politischer Entscheidungsträger:innen sowie eine klare Vision und Werte entscheidende Erfolgsfaktoren sind. Gleichzeitig wurden Herausforderungen wie die Nachhaltigkeit nach ESF+-Finanzierung, der Wettbewerb zwischen gemeinnützigen und gewinnorientierten Organisationen und die Anpassung an neue Rahmenbedingungen thematisiert.
Wir freuen uns schon auf die nächste Gelegenheit, uns mit unseren europäischen Partner:innen auszutauschen.